Römer 9 – Gottes Souveränität und Israels Berufung

Zusammenfassung

Paulus spricht mit großem Schmerz über den Zustand Israels, seines Volkes, dem Adoption, Bund, Gesetz, Gottesdienst und Verheißungen gehören – und aus dem der Christus dem Fleisch nach stammt. Er betont: Gottes Wort ist nicht hinfällig geworden. Nicht die biologische Abstammung entscheidet, sondern die Verheißung: „Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung.“ An Isaak/Ismael und Jakob/Esau zeigt Paulus, dass Erwählung auf Gottes freiem Erbarmen beruht. Gottes Barmherzigkeit ist souverän; zugleich gebraucht Gott auch Verstockung (Pharao) zur Offenbarung seiner Herrlichkeit. Im Bild des Töpfers und des Tons wird Gottes Herrschaft illustriert. Prophetenworte (Hosea, Jesaja) kündigen an: ein Rest Israels wird gerettet, und auch Nicht-Juden werden „mein Volk“ genannt. Israel ist an dem „Stein des Anstoßes“ gestrauchelt – an Christus –, weil man die Gerechtigkeit in eigenen Werken suchte statt im Glauben.

Theologische Interpretation

Römer 9 ruft zur Anbetung vor dem Geheimnis Gottes. Erwählung ist keine kalte Determination, sondern die Geschichte des Erbarmens: Gott wählt, um zu segnen; er trägt die Linie der Verheißung durch menschliche Ambivalenzen. Verstockung ist ein Gerichtswort – aber unter Gottes Souveränität bleibt der Heilswille sichtbar: Gott erduldet Gefäße des Zorns, um die Reichtümer seiner Herrlichkeit an Gefäßen der Barmherzigkeit zu zeigen. Der Skandal liegt nicht in Gottes Ungerechtigkeit, sondern in der menschlichen Selbstgerechtigkeit: Wo Menschen auf Leistung bauen, wird Christus zum Stolperstein. Erwählung demütigt den Menschen (kein Ruhm), tröstet die Gemeinde (Gottes Plan scheitert nicht) und motiviert zur Mission (Gott hat ein Volk – auch unter den Völkern). Römer 9–11 gehören zusammen: Hier beginnt der Bogen, der in der endlichen Barmherzigkeit für alle kulminiert (11,32).

Aktualisierung mit NT-Bezug

Dieser Text spricht in unsere Gegenwart, in der Zugehörigkeit oft über Herkunft, Milieus und Leistung definiert wird. Vor Gott zählen nicht Abstammung und religiöse Laufbahn, sondern Gnade. Das bewahrt vor geistlichem Stolz und ethnischer Überheblichkeit und stärkt eine Kirche, die Menschen unterschiedlichster Prägung einschließt. Es ermutigt, mit Schmerz und Liebe zu beten – so wie Paulus – für das eigene Volk, für Skeptikerinnen und Skeptiker, für Israel und die Nationen. Mission geschieht ohne Druck: Wir bezeugen, dass Gerechtigkeit aus Glauben kommt und Christus der tragende Eckstein ist (vgl. 1 Petr 2,6–8). Gleichzeitig lebt die Gemeinde aus Versöhnung: Menschen, die „nicht mein Volk“ waren, sind nahe gekommen (vgl. Eph 2,11–13). Praktisch heißt das: Räume schaffen, in denen niemand sich seine Würde verdienen muss; Zeugnis geben ohne Überheblichkeit; Geduld üben mit denen, die stolpern; und sich selbst jeden Tag neu unter Gottes Erbarmen stellen.

Fazit

Römer 9 erdet und erhebt zugleich: Gott ist souverän – und er ist gut. Wer sich an Christus festmacht, findet den festen Eckstein statt eines Stolpersteins. Aphorismus: „Erwählung ist nicht ein Zaun, der ausschließt, sondern ein Licht, das den Weg weist.“

Studienfragen

  1. Wie hilft dir Römer 9, Gottes Souveränität zu denken, ohne in Fatalismus zu verfallen?
  2. Wo begegnet dir heute der „Stolperstein“ Christi – persönlich, kirchlich, gesellschaftlich?
  3. Welche Haltung wächst aus Erwählung: Demut, Trost, Mission – wie sieht das konkret aus?
  4. Wie kann deine Gemeinde Räume gestalten, in denen Menschen Zugehörigkeit vor Leistung erfahren?
  5. Für wen betest du „mit Schmerz“ wie Paulus – und welche nächsten Schritte ergeben sich aus diesem Gebet?