Römer 4 – Glaube Abrahams und Rechtfertigung

Zusammenfassung

Paulus führt Abraham als Schlüsselzeugen ein: Nicht durch Werke, sondern durch Vertrauen wurde ihm Gerechtigkeit zugerechnet (Gen 15,6). Auch David bezeugt die Seligkeit des Menschen, dem Gott die Sünde nicht zurechnet. Die Rechtfertigung geschah vor der Beschneidung – damit Abraham Vater aller Glaubenden wird, der Beschnittenen und Unbeschnittenen. Die Verheißung, „Erbe der Welt“ zu sein, gründet nicht im Gesetz, sondern in der Gerechtigkeit des Glaubens. Abrahams Glaube rechnete gegen die Fakten: „Er hoffte gegen Hoffnung“, blickte nicht auf den „erstorbenen“ Leib und zweifelte nicht an Gottes Zusage, sondern wurde stark im Glauben. Dieses „zugerechnet“ gilt auch uns, die wir an den glauben, der Jesus, unseren Herrn, von den Toten auferweckt hat – ausgeliefert um unserer Übertretungen willen und auferweckt zu unserer Rechtfertigung.

Thologische Interpretation

Römer 4 klärt die Grammatik der Gnade: Rechtfertigung ist forensisch (Gott spricht gerecht), geschenkt (ohne Verdienst) und inklusiv (für Juden und Heiden). Abraham wird nicht als Held tugendhafter Selbstüberwindung gezeigt, sondern als Empfänger der Verheißung. „Zurechnung“ (logízomai) beschreibt Gottes schöpferische Buchung: Schuld wird nicht angerechnet, Gerechtigkeit wird angerechnet – auf das Konto des Glaubenden. Beschneidung und Gesetz bleiben wichtig als Zeichen und Pädagogik, sind aber nicht die Grundlage der Annahme. Glaube ist nicht frommes Gefühl, sondern eine aktorische Entscheidung: sich auf Gottes Charakter zu verlassen. Darum ist Glaube Gott-zentriert (wer Gott ist) und verheißungsbezogen (was Gott zusagt). Der Auferstandene ist der Garant: In seiner Auferweckung bestätigt Gott, dass das Kreuz genügt und die neue Gerechtigkeit begonnen hat.

Aktualisierung mit NT-Bezug

Gal 3 vertieft Abraham als Vater der Glaubenden; Jak 2 betont, dass lebendiger Glaube in Taten sichtbar wird.
Dieser Text entlastet Leistungsfrömmigkeit und spirituelle Selbstoptimierung: Du wirst nicht durch fromme Bilanz, sondern durch Vertrauen angenommen. Er lädt ein, Gottes Zusagen gegen nüchterne „Fakten“ zu halten: in Krankheit, in Kinderwunsch, in Gemeindebau, in gesellschaftlicher Müdigkeit. „Hoffen gegen Hoffnung“ heißt nicht Realitätsflucht, sondern das Einrechnen von Gottes Treue. Praktisch: (1) Verheißungen benennen und betend festhalten; (2) Zeichen würdigen (Taufe, Abendmahl) – nicht als Leistung, sondern als Siegel; (3) Grenzen akzeptieren ohne Zynismus; (4) Glaube teilen, der inklusiv ist: Die Abrahamfamilie lebt von Gnade, nicht von Herkunft, Milieu oder Leistung. In Konflikten erinnert Römer 4: Einheit wächst, wo wir die gleiche Quelle der Annahme bekennen.

Fazit

Abraham zeigt: Glaube ist das offene Herz für Gottes Treue. Rechtfertigung aus Gnade entwaffnet den Stolz, heilt das Vergleichen und setzt zu hoffendem Handeln frei. Aphorismus: „Glaube ist nicht der Sprung ins Dunkel, sondern das Stehen auf Gottes Zusage im Halbdunkel.“

Studienfragen

  1. Welche Rolle spielt „Zurechnung“ in Römer 4 – und wie verändert sie deinen Blick auf Schuld und Gerechtigkeit?
  2. Warum ist es theologisch bedeutsam, dass Abraham vor seiner Beschneidung gerechtfertigt wurde?
  3. Wie sieht „Hoffen gegen Hoffnung“ in einer deiner aktuellen Situationen konkret aus?
  4. Wo verwechselst du Zeichen des Glaubens (Rituale, Zugehörigkeiten) mit dem Grund der Annahme?
  5. Welche Verheißung Gottes willst du in dieser Woche aktiv im Gebet festhalten?